Analyst über Porsche-Chef
Oliver Blumes Doppelrolle „nur in der seltsamen VW-Welt möglich“
Autoanalyst Jürgen Pieper kritisiert die Eigentümerfamilien von VW und Porsche. Sie hätten „eine gewisse Sturheit entwickelt, sich nicht vom Finanzmarkt treiben zu lassen“.

© Malin Wunderlich/dpa
VW- und Porsche-Chef Oliver Blume sagt, seine Doppelrolle sei „nicht für die Ewigkeit ausgelegt“.
Von Matthias Schmidt
Für die Frage der Fragen hat sich der VW- und Porsche-Chef Oliver Blume eine stets gleich lautende Antwort zurechtgelegt. Wie lange er die Doppelrolle als Chef von zwei Autokonzernen, die besonders am Finanzmarkt kritisch gesehen wird, noch ausüben wird? Blume sagt dazu seit Monaten, sie sei „nicht für die Ewigkeit ausgelegt“ – so auch jetzt wieder in einem aktuellen Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Ab wann eine Ewigkeit beginnt, lässt sich schlecht sagen. Jedenfalls noch nicht nach drei Jahren, wenn Blumes Amtszeit der Maßstab ist. So lange steht der 57-Jährige nun schon in der doppelten Verantwortung – und noch immer ist unklar, wie lange dies noch so bleiben wird. Zu Medienberichten, denen zufolge ein Wechsel noch im Herbst verkündet wird und derzeit der Nachfolger für den Porsche-Chefposten gesucht wird, äußert er sich nicht. Blume sagt lediglich: „Am Ende entscheiden die Aufsichtsräte der Volkswagen AG und der Porsche AG.“
So drängt sich die Frage auf, wie oft ein Firmenchef die Endlichkeit seiner Machtfülle beschreiben kann, ohne die eigene Position und Durchsetzungsfähigkeit zu schwächen? Und wie lange wollen die Eigentümerfamilien Porsche und Piech, deren Willen sowohl bei VW wie bei Porsche bei Chefposten den Ausschlag gibt, das angeschlagene Schiff noch treiben lassen? „Von Anfang wusste jeder mit gesundem Menschenverstand, dass es nicht möglich ist, zwei börsennotierte Konzerne gleichzeitig zu führen“, sagt der mittlerweile freiberuflich tätige Analyst Jürgen Pieper, der bis 2023 für die Privatbank Metzler tätig war und sich dort den Ruf als fundierter Kenner der Autoindustrie erworben hat.
Pieper: „Das ist wohl nur in der seltsamen VW-Welt möglich“
„Spätestens ein Jahr nach dem Börsengang 2022 hätte die Doppelfunktion beendet werden müssen“, meint Pieper. „Dass sie bis heute Bestand hat, ist wohl nur in der seltsamen VW-Welt möglich, wo die Vertreter von zwei Familienstämmen das Sagen haben.“ Er habe den Eindruck, dass die Eigentümer mittlerweile „eine gewisse Sturheit entwickelt hätten, sich bei ihrer Entscheidung nicht vom Finanzmarkt treiben zu lassen“.
Der Druck von dort auf Porsche aber sei enorm gestiegen, da die Aktie seit dem Börsengang um gut die Hälfte an Wert verloren hat und das einmal angepeilte Renditeziel von 20 Prozent auf lange Sicht in unerreichbare Ferne gerückt ist. Stattdessen geht es derzeit darum, überhaupt in der Gewinnzone zu bleiben, da der Absatz in China eingebrochen ist und Porsche besonders stark unter den Zöllen in den USA leidet.
Die Fehleinschätzung des Marktes habe in eine zu einseitige Elektrostrategie gemündet, dies habe den „an sich brillanten Manager Oliver Blume einiges an Reputation gekostet“, sagt Pieper. „Das hätte vermieden werden können, wenn man auf die eigenen Kunden gehört hätte, die zu einem guten Teil konservativ sind und an Sportwagen mit Verbrennermotor hängen“, meint er. Nun verursacht der Strategiewechsel zur Entwicklung neuer Modelle mit Verbrennungs- und Hybridmotoren hohe Kosten, und mit dem Betriebsrat werden weitere Sparmaßnahmen verhandelt.
Die Spekulationen über mögliche Nachfolger, die bei Porsche übernehmen, wenn sich Blume ganz auf den VW-Konzern konzentriert, blühen seit Monaten. Häufig werden der Entwicklungsvorstand Michael Steiner, bisher schon Porsche-Vize, und der VW-Strategiechef Stefan Weckbach genannt. Auch Klaus Zellmer, derzeit Chef bei der Konzernschwester Skoda, Frank-Steffen Walliser (Bentley) und Peter Bosch (Software-Tochter Cariad) werden Chancen eingeräumt. Von außen will Pieper keine Prognose abgeben: „Ohne einen bestimmten herausgreifen zu wollen: Es gibt im VW-Universum sicher ein Dutzend gute Manager, die geeignet wären, Porsche zu führen“, sagt er.
Dass ein Wechsel ansteht, hält Pieper für sicher, dass er zum Jahreswechsel erfolgt, sei angesichts der knappen Zeit aber eher unwahrscheinlich. Sein Tipp: Anfang April, spätestens Anfang Juli 2026 werde ein neuer Chef bei Porsche sein Amt antreten.