Neustart zur besseren Bahn

Evelyn Palla rückt an die DB-Spitze. Doch für einen attraktiven Schienenverkehr muss die Politik handeln.

Von Eidos Import

Evelyn Palla ist keine schlechte Wahl. Als erste Frau soll die erfahrene Südtirolerin an die Spitze der Deutschen Bahn AG rücken und den verlustreichen, hoch verschuldeten Staatskonzern wieder in die Spur bringen. Eine Herkulesaufgabe, an der ihr Vorgänger Richard Lutz gescheitert ist. Trotz vieler Versprechen kam das wichtigste Bundesunternehmen nicht aus der Verlustzone, wurde stattdessen mit rund zehn Milliarden Euro an operativen Verlusten seit Corona zum schweren Sanierungsfall.

Die Berufung der 51-jährigen Topmanagerin, die bisher im DB-Vorstand den Regionalverkehr verantwortet, kann nur der erste Schritt sein beim Neustart zu attraktiverem Schienenverkehr. Sie wird im besten Fall dafür sorgen, dass Sanierung und Umbau des viel zu trägen Bahnriesen gelingen, damit der Zugverkehr endlich verlässlicher wird und unterm Strich schwarze Zahlen stehen. Wie das geht, machen ihr ehemaliger Arbeitgeber, die Österreichischen Bundesbahnen, ebenso vor wie die SBB in der Schweiz.

Unsere Nachbarländer investieren seit Jahren pro Kopf viel mehr Geld in ihren Schienenverkehr als Deutschland. Mit Erfolg: Die Infrastruktur ist weitgehend intakt, die Angebote auch in der Fläche sind attraktiv, Züge fahren pünktlich. In den Alpenländern wurde die Bahn nie so vernachlässigt wie es wechselnde deutsche Regierungen unter CDU- und SPD-Führung lange taten. Erst die abgewählte Ampelkoalition steuerte um und stellte die Weichen neu.

Mit mehr Geld und neuen Köpfen allein ist es nicht getan. Für diese Erkenntnis reicht ein Blick in den alarmierenden Sonderbericht des Bundesrechnungshofs, der den Staatskonzern in einer Existenzkrise sieht und schon lange tiefgreifende Reformen fordert. Für die künftige DB-Spitze und Verkehrsminister Patrick Schnieder, der an diesem Montag seine „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“ vorstellt, gibt es sehr viel zu tun. Der Konzern mit seinen mehr als 200 000 Beschäftigten muss schlanker, effizienter und wettbewerbsfähiger werden – in allen Bereichen.

Mehr als 100 Milliarden Euro weiteres Steuergeld soll in den nächsten Jahren zur Modernisierung der lange vernachlässigten Infrastruktur fließen, das Kernnetz bis 2036 generalsaniert werden. Die bisherigen DB-Strukturen stellen keineswegs sicher, dass diese enormen Summen effizient, mit der richtigen Priorität und zielgenau eingesetzt werden. Bisher landet das Geld in zentralen Konzernkassen, zudem gibt es Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, die reformbedürftig sind – ebenso wie das absurde Trassenpreissystem.

Im Fernverkehr braucht es viel mehr Wettbewerb zur ICE-Flotte, damit mehr Städte angefahren werden und die Preise sinken. Dazu sollte die Politik wie schon im Nahverkehr der Länder den Bedarf definieren, Streckenpakete ausschreiben und notfalls bezuschussen. Bei der hochdefizitären Güterbahn DB Cargo wiederum helfen nur noch eine Radikalkur und ein Blick auf gute Ordnungspolitik mit der Erkenntnis, dass der Bund selbst keine Güterbahn betreiben sollte, wenn erfolgreiche Konkurrenten das offenkundig besser können.

Die Politik sollte vor allem dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für Wettbewerb auf der Schiene stimmen. Dazu gehören fairer Netzzugang für Investoren, transparente Trassenvergaben und vor allem eine leistungsfähige Infrastruktur, deren Finanzierung langfristig gesichert sein muss. Am besten über Fonds, die teils aus Abgaben des umweltschädlichen Pkw- und Lkw-Verkehrs gespeist werden. Auch das machen andere Länder längst erfolgreich vor. Dafür ist keine weitere Minister-Agenda nötig, sondern rasches Handeln und Umsetzen.

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Erstellt:
21. September 2025, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
22. September 2025, 22:02 Uhr

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