Stent öffnet verstopfte Blutgefäße

Haller Chefarzt Alexander Bauer erläutert auf Basis neuer Erkenntnisse Entstehung und Behandlung des Herzinfarkts

Das Thema des Vortrags von Alexander Bauer in Murrhardt ist aktuell wie eh und je, denn: Der Herzinfarkt, genauer die koronare Herzkrankheit, ist nach wie vor die häufigste Todesursache in Deutschland. Doch dank großer medizinischer Fortschritte haben Patienten heute gute Überlebenschancen, vorausgesetzt, die Symptome werden rechtzeitig erkannt und sofort behandelt.

Der Herzinfarkt ist die häufigste Todesursache in Deutschland. Alexander Bauer gab bei seinem Vortrag im Heinrich-von-Zügel-Saal Tipps, wie man dem vorbeugen kann. Symbolfoto: Imago/blickwinkel

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Der Herzinfarkt ist die häufigste Todesursache in Deutschland. Alexander Bauer gab bei seinem Vortrag im Heinrich-von-Zügel-Saal Tipps, wie man dem vorbeugen kann. Symbolfoto: Imago/blickwinkel

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Diese ermutigende Botschaft stand im Zentrum des Vortrags zu diesem Thema von Alexander Bauer, der großes Zuhörerinteresse fand und den der Krankenpflegeverein veranstaltete. Unter Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse informierte der Chefarzt vom Diakonieklinikum Schwäbisch Hall im Heinrich-von-Zügel-Saal über Entstehung und Diagnose, Behandlung und Vorbeugung des Herzinfarkts.

Bei der koronaren Herzkrankheit „verengen sich die Herzkranzgefäße, die das Herz mit Blut versorgen, in einem langsam schleichenden Prozess der Arterienverkalkung“ immer weiter, bis eines oder mehrere sich verstopfen. Symptome, also Beschwerden, für diesen kritischen Zustand, das akute Koronarsyndrom, sind: starke Brustschmerzen, die auch in Arme, Oberbauch und Kiefer ausstrahlen, Atemnot und Herzrasen sowie Übelkeit und Erbrechen. „Rufen Sie sofort den Rettungsdienst, wenn solche Symptome auftreten“, betonte der Herzspezialist.

Indes räumte er ein, dass in ländlichen Regionen die langen Wege zur nächsten Klinik und die nicht immer einhaltbaren Hilfsfristen die sofortige ärztliche Hilfe erschweren. Um die richtige Diagnose stellen zu können, gelte es, die Beschwerden genau zu schildern, ebenso Risikofaktoren wie Vorerkrankungen sowie eine bestehende familiäre Gefährdung anzugeben. Es folgt eine körperliche Untersuchung, ein Elektrokardiogramm (EKG) sowie Labortests des Bluts.

Als neuere Diagnosemethoden nannte der Chefarzt die Magnetresonanz- und Computertomografie, zudem den Ultraschall und die Druckdrahtmessung direkt in den Blutgefäßen. So lassen sich die Lage und Gestalt der kritischen verstopften Bereiche genau feststellen. „Die Gewissheit, ob der Patient einen Herzinfarkt hat, verschafft der Herzkatheter. Der Arzt und Anatom Werner Forßmann wendete ihn erstmals 1929 im Selbstversuch an, 1958 erhielt er dafür den Medizin-Nobelpreis“, erzählte Bauer.

„Beim Herzinfarkt ist ein sofortiger Kathetereingriff die beste Therapie“, unterstrich er. Dabei wird das verengte Herzkranzgefäß über einen Katheter durch einen Ballon aufgedehnt. Diesen Eingriff nahm 1977 erstmals der in Dresden geborene Arzt Andreas Grüntzig in einer Züricher Klinik vor. Nach der Dehnung wird ein Stent eingesetzt, eine Gefäßstütze in Metallgitterform, damit die Arterie wieder frei durchgängig bleibt. „Je schneller ein Herzinfarkt so behandelt wird, desto geringer ist die Sterblichkeitsrate“, verdeutlichte der Chefarzt.

Die besten Behandlungsergebnisse erziele man mit modernen Stents: „Um erneute Gefäßverengungen zu verhindern, entwickelte man 2002 Stents, die mit Medikamenten beschichtet sind. Diese werden langsam in die Gefäßwand abgegeben, um Ansammlungen von Blutplättchen und Bindegewebe zu verhindern. Dadurch wird die Häufigkeit von Wiederverengungen deutlich gesenkt“, erläuterte der Referent. Zudem stünden heute neue Medikamente zur Verfügung, die vor Blutgerinnseln beim akuten Herzinfarkt schützen, indem sie die Aktivitäten der Blutplättchen hemmen.

Diese Präparate dürfe man aber nicht verwechseln mit Blutverdünnern, sprich Gerinnungshemmern: „Die spielen beim Herzinfarkt keine große Rolle“, stellte der Mediziner klar. Die Bypass-Operation, die Engstellen in Herzkranzgefäßen überbrückt, sei sinnvoll, wenn eine oder mehrere aus der Hauptschlagader abzweigende Hauptstamm-Arterien verstopft sind. Dazu werden intakte Arterien aus dem Bereich hinter dem Brustbein oder Beinvenen verwendet und aufs Herz aufgenäht.

Die Entscheidung darüber, ob ein Herzinfarkt per Stent oder Bypass behandelt wird, sei gemeinsam vom Patienten, Kardiologen und Herzchirurgen zu treffen und müsse die Gesamtsituation des Patienten berücksichtigen. Die Bypass-Operation stelle indes einen erheblich größeren Eingriff dar, der mit höheren Komplikationsrisiken verbunden ist, gab der Referent zu bedenken. Überdies informierte er darüber, was man vorbeugend tun kann, um keinen oder nicht erneut einen Herzinfarkt zu bekommen. Wichtig sei eine gesunde Lebensweise mit optimaler Einstellung von Blutdruck, Blutfetten und Blutzucker.

Ebenso eine gesunde, mediterrane Ernährung mit viel Gemüse und Salaten, möglichst wenig Fleisch und Wurst, tierischen Fetten und Kohlenhydraten wie Nudeln, aber auch wenigen Süßigkeiten. Auch sollte man nicht rauchen, Alkoholkonsum vermeiden sowie regelmäßig Ausdauersport treiben. Patienten, die bereits einen Herzinfarkt hatten, forderte der Mediziner auf, die ihnen verschriebenen Medikamente richtig einzunehmen und den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren. Abschließend beantwortete Alexander Bauer noch einige Zuhörerfragen, darunter jene, wie man das Herz stärken kann: Zum Beispiel mithilfe spezieller Herzschrittmacher, die kurze, schnelle Impulse zum Herzmuskeltraining aussenden.

„Beim Herzinfarkt ist ein sofortiger Kathetereingriff die beste Therapie.“Alexander Bauer, Chefarzt im Diakonieklinikum Schwäbisch Hall

„Beim Herzinfarkt ist ein sofortiger Kathetereingriff die beste Therapie.“ Alexander Bauer, Chefarzt im Diakonieklinikum Schwäbisch Hall

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Erstellt:
19. Februar 2020, 06:00 Uhr

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