Stuttgart unter den smartesten Städten

Mobilität, Bildung oder Verwaltung: Wie gut ist Stuttgart digitalisiert? Im Schnitt sehr gut, sagt der Branchenverband Bitkom. Wird jetzt auch bei den Amtsgängen alles besser?

Stuttgart leuchtet – zumindest was die Digitalisierung angeht.

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Stuttgart leuchtet – zumindest was die Digitalisierung angeht.

Von Daniel Gräfe

Stuttgart - Es geht offenbar aufwärts mit der Digitalisierung in der Stadt Stuttgart. Und damit werden wohl auch etliche Dienstleistungen komfortabler, die den Alltag der mehr als 600 000 Bewohnerinnen und Bewohner einfacher machen. Das beschreibt zumindest der Bitkom in einer jährlichen Studie, mit der der Digitalverband die 83 deutschen Großstädte vergleicht.

Stuttgart erreicht hier den exzellenten dritten Platz und verdrängt damit Köln vom Podest. Vor Stuttgart schneiden nur Hamburg und München besser ab, das sich zum dritten Mal in Folge als die smarteste Stadt Deutschlands bezeichnen darf.

Stuttgart machte damit im Vorjahresvergleich vier Plätze gut und verbesserte sich dabei in allen untersuchten Kategorien, nämlich Verwaltung, IT und Kommunikation, Energie und Umwelt, Mobilität sowie Gesellschaft und Bildung. Analysiert und bewertet wurden alle 83 deutschen Städte mit mindestens 100 000 Einwohnern. Doch was bedeutet das konkret?

Die fünf Bereiche fächern sich in 37 Indikatoren auf, die wiederum aus insgesamt 162 auch für den Alltag relevanten Parametern bestehen – von Online-Bürgerservices über Sharingangebote für Mobilität und intelligente Ampeln bis zur Breitbandverfügbarkeit. Den größten und für viele Bürger wohl entscheidenden Sprung machte Stuttgart bei der Digitalisierung der Verwaltung, wo die Stadt 89,4 von maximal 100 Punkten erhielt und auf Platz 15 landete – 36 Plätze besser als im Vorjahr.

Seit Jahren steht die Verwaltung in Stuttgart massiv in der Kritik. Laut einer Umfrage der europäischen Statistikbehörde Eurostat war vor zwei Jahren nur jeder zweite Befragte zufrieden mit der Dauer von Verwaltungsverfahren – sei es die Kfz-Zulassung oder die Baugenehmigung. Noch immer gibt es etwa für die Kfz-Zulassung lange Warteschlangen. Kann hier die Stadtverwaltung jetzt die Bearbeitungsdauer spürbar verbessern?

Laut Bitkom glänzt Stuttgart vor allem bei der Online-Terminvergabe, die vor einem Jahr noch mittelmäßig war. Auch bei den Leistungen des Onlinezugangsgesetzes, das auch Kommunen verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen zu digitalisieren, steht man laut Studie mittlerweile hervorragend da. Das betrifft Dutzende Leistungen, etwa Führerschein, Kfz-Zulassung, Wohn-, Eltern- und Bürgergeld, Baugenehmigungen oder Ummeldung. Die Krux ist: Der digitale Zugang garantiert nicht notwendigerweise eine schnellere Bearbeitung.

Viele gehen trotz digitaler Möglichkeiten in die Ämter

„Das ist natürlich ein Servicezugewinn für die Bürgerinnen und Bürger, weil sie nicht auf die Amtsstuben müssen“, sagt Stuttgarts Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer, räumt aber ein: „Einen nennenswerten Entlastungseffekt für die Verwaltung erzielen wir damit nicht. Für die Sachbearbeiter bleibt der Aufwand der gleiche – manchmal ist er gar höher, weil man Ungereimtheiten beim Kunden online nicht direkt nachfragen kann.“

Hinzu komme, dass trotz digitaler Möglichkeiten viele Bürgerinnen und Bürger direkt in die Ämter gingen – auch wenn man sich das anders wünsche. Insbesondere bei der Kfz-Zulassung nutze kaum jemand den Digitalantrag. „Wir konnten die Schlangen nicht so reduzieren, wie wir es wollten. Auch weil bei den direkten Kundenkontakten derzeit jede dritte Stelle unbesetzt ist.“

Stuttgart in allen Kategorien weit über Schnitt

Mayer betont, dass die Stadt bei der Digitalisierung auch der Verwaltung gut vorankomme. Man habe ein Amt für Digitalisierung und eine Digitalisierungs-GmbH gegründet sowie eine KI-Strategie verfasst. „Herkulesprojekte“ wie etwa die E-Akte seien allerdings schwierig zu stemmen. „Wir haben knapp 17 000 Beschäftigte. Diese flächendeckend mit einem einheitlichen Dokumentenmanagement zu versehen, ist eine gewaltige Aufgabe, die viele Jahre in Anspruch nimmt.“

Derzeit aber ist Mayer erst einmal stolz auf das bisher Erreichte. „Wir freuen uns riesig, dass wir es auf das Podest geschafft haben.“ Das Bitkom-Ranking sei unter den Kommunen der bedeutsamste Gradmesser, was die Digitalisierung angehe – und ein Image-Faktor. Hier schneidet Stuttgart inzwischen in allen Kategorien weit über Schnitt ab, etwa bei den mobilen Sharingangeboten, beim Anteil der E-Fahrzeuge, intelligenten Straßenbeleuchtungen oder der Digital-Szene. Nachholbedarf gibt es unter anderem bei Energielösungen und dem Glasfaserausbau.

Auch etliche andere Großstädte im Südwesten des Landes stehen vergleichsweise gut da – Baden-Württemberg ist laut Bitkom im Schnitt das erfolgreichste Bundesland. So schaffte es Heidelberg erstmals auf Platz 10 (Vorjahr Platz 15) – und verdrängte damit Ulm, das auf Platz 11 abrutschte. Freiburg fiel aus den Top 10 und rutschte von Platz 10 auf Platz 15 ab.

„Deutschlands Städte kommen bei der Digitalisierung in großen Schritten voran“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst und mahnt: „Wir müssen verstärkt etablierte digitale Lösungen fördern und in die Breite bringen. Und wir brauchen einen Bewusstseinswandel. Digitale Daseinsvorsorge ist kein Nice-to-have, sondern eine staatliche Kernaufgabe.“

Großstädte holen auf

Modellstädte Beim Digitalranking von Bitkom schneiden große Städte ab 500 000 Einwohnern sowie die vom Bund geförderten Modellprojekte Smart Cities (MPSC) am besten ab. Über dem Durchschnitt liegen zudem Landeshauptstädte und Universitätsstädte.

Digitalisierung Insgesamt werden die Städte digitaler: Genügten 2024 noch 79,8 Punkte von 100 Punkten für eine Top-10-Platzierung und 2023 sogar lediglich 76,6 Punkte, sind es in diesem Jahr 84,7 Punkte.

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Erstellt:
12. September 2025, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
12. September 2025, 23:55 Uhr

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