Rendezvous für Flöte und Streicher

Kammerorchester präsentiert im Frühjahrskonzert facettenreiche Werke aus Barock und Moderne

Esther Esch (rechts) und Henriette Schöwitz als Solistinnen bilden ein kongeniales, zuweilen geradezu innig verbunden wirkendes Duett. Foto: E. Klaper

Esther Esch (rechts) und Henriette Schöwitz als Solistinnen bilden ein kongeniales, zuweilen geradezu innig verbunden wirkendes Duett. Foto: E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Heute gilt die Blockflöte als Anfängerinstrument für Musikschüler. In der Barockzeit schätzte man sie hingegen als ein der Singstimme ähnlich klingendes, virtuoses Soloinstrument. Dies zeigen kunstvolle, selten aufgeführte Kompositionen, die im Frühjahrskonzert des Kammerorchesters Murrhardt eine zentrale Rolle spielen.

Unter der Leitung von Dirigent Matthias Baur treten Esther Esch und Henriette Schöwitz als Solistinnen auf und bilden ein kongeniales, zuweilen geradezu innig verbunden wirkendes Duett. Anmutig und mit viel Liebe zu ihren Instrumenten und den kompositorischen Details interpretieren die beiden Lehrkräfte an der Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land die festlichen, klangprächtigen Konzerte in B-Dur und a-Moll von Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767). Sie bilden den Rahmen des Konzertprogramms: Dabei verschmelzen die Altblockflöten, das Streichorchester und der Generalbass mit Musikschulleiterin Judith-Maria Matti am Cembalo zu einer harmonischen Einheit. Telemanns Konzerte zeichnen sich aus durch graziöse Figurationen und Dialoge für die Blockflöten sowie Interaktionen mit dem Orchester, die aber nie zu komplex oder überladen wirken. Hinzu kommen liedhaft eingängige, klar strukturierte Themen, Melodien und Harmonien in verschiedenartigen Stimmungen. Telemann bereicherte sie durch einige innovative Motive und überraschende Klangnuancen sowie eine elegante, tänzerisch beschwingte Rhythmik.

Ein Höhepunkt ist Antonio Vivaldis (1678 bis 1741) Konzert in C-Dur für Sopranino-Blockflöte, Streicher und Cembalo. Dieses besondere Instrument klingt noch eine Oktave höher als die Sopran-Blockflöte und erinnert etwas an eine Piccoloflöte. Esther Esch erweist sich als brillante Sopranino-Blockflöten-Virtuosin, die scheinbar spielerisch leicht die geradezu artistisch wirkenden, hochkomplexen Koloraturen meistert.

Hohe Tempi, schwungvolle Rhythmik und kühne Modulationen

Vivaldi hat die Solostimme mit einer Fülle unterschiedlicher Verzierungen und Figurationen gestaltet und sich dazu wohl auch von Vogelstimmen inspirieren lassen. Durch das Zusammenspiel der Flöte mit dem Streichorchester und dem Cembalo bilden sich faszinierend filigrane, feine Klangfarben und -facetten, die sich zum Teil wie das Tirilieren verschiedener Vogelarten anhören. Überdies weist das Konzert hohe Tempi, schwungvolle Rhythmik und kühne Modulationen auf. Einen reizvollen Kontrast zur barocken Klangpracht bilden zwei fantasievolle, abwechslungsreiche Kompositionen des 20. Jahrhunderts für reine Streicherbesetzung. Dabei demonstrieren die Musiker des Kammerorchesters, dass sie auch Werke der Moderne überzeugend interpretieren können. Idyllisch, aber auch mit einem leisen Hauch von Wehmut erklingt Nikolai Petrowitsch Rakows (1908 bis 1990) „Kleine Sinfonie für Streichorchester“. Der russische Komponist hat das 1962 entstandene vielschichtige Werk in spätromantischer Tonsprache gestaltet und mit Motiven und Klangfiguren des Impressionismus und der Moderne bereichert.

In der kleinen Sinfonie entfaltet das Kammerorchester große, verträumt und sehnsuchtsvoll wirkende Melodiebögen, die in klangschönen Kantilenen erstrahlen. Hinzu kommen mal liebliche, mal auch etwas dissonante Harmonien. Eine wichtige Rolle spielen typisch russische Klangelemente, die sowohl von der Volksmusik als auch von charakteristischen Details in Werken berühmter russischer Komponisten inspiriert sind.

Spielerisch und ideenreich miteinander kombinierte, traditionelle und moderne Melodie-, Harmonie- und Rhythmus-Elemente aus der Musikgeschichte und Volksmusik bilden ein vielfarbig schillerndes Mosaik in der „Kleinen Streichermusik“ von Milko Kelemen (1924 bis 2018). Der aus Kroatien stammende Komponist unterrichtete über lange Zeit als Professor für Komposition an der Stuttgarter Musikhochschule.

Kelemens Komposition orientiert sich an vielen verschiedenen historischen Vorbildern und mutet wie eine Illustration der bunten Fülle des Lebens an. Er gestaltete sie mit zum Teil parodistisch anmutenden Anklängen an große sinfonische Werke der Moderne. Die Tonschöpfung lebt von raschen Wechseln zwischen Dur und Moll, Stilen und Stimmungen. So stehen heitere Scherzo- und Walzer-Passagen neben düster-dramatischen Klangfiguren.

Die Mitwirkenden laufen zur Bestform auf und gestalten die Werke souverän, hoch konzentriert, voller Musizierfreude und mit viel Fingerspitzengefühl. Sie stimmen das Zusammenspiel der verschiedenen Instrumente präzise aufeinander ab, sodass deren Klangfarben rein und schön zum Ausdruck kommen. Mit Bravour meistern sie auch etliche hochkomplexe Passagen. Mit Bravo-Rufen und lautstarkem Beifall danken die Zuhörer in der etwa zur Hälfte besetzten katholischen Kirche St. Maria den Musikern für die großen Hörgenüsse.

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Erstellt:
29. Mai 2019, 06:00 Uhr

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